Fallen in der Sprache gibt es viele.
Eine dieser Sprach-Fallen sind Pseudo-Gefühle.
Sie lassen dich in die Luft gehen oder in ein Loch fallen.
Sie lassen dich in dem Glauben, dass es nichts mit dir zu tun hat. Sondern mit den anderen.
Sie lassen dich (immer wieder) denken, dass du nichts dafür oder dagegen tun kannst, weil es eben ist, wie es ist.
Welch fataler Irrtum!
In diesem Blog zeige ich dir:
- wie du Pseudo-Gefühle erkennst
- wie Pseudo-Gefühle entstehen
- wie sie wirken, wenn du sie denkst
- wie sie wirken, wenn du sie aussprichst
- wie du aus dieser Sprach-Falle herauskommst
So erkennst du Pseudo-Gefühle
Pseudo-Gefühle sind Gedanken, Bewertungen, Urteile, Analysen, Meinungen, Diagnosen und Interpretationen, die sich sprachlich als Gefühl ausgeben.
Sie werden eingeleitet mit:
- „Ich fühle mich …“
- „Ich habe das Gefühl, dass er/ sie / XY /…“
- „Ich habe das Gefühl, als ob …“
worauf dann folgt, was du:
- über das Verhalten oder Reaktionen von anderen denkst
- denkst, dass andere über dich denken
- über dich selber denkst
Ein paar Beispiele gefällig?
Wenn du mit der Einleitung „Ich fühle mich“ oder „Ich habe das Gefühl“ beginnst
- und mit „dass„, „wie„, „als ob“ weiter sprichst.
„Ich habe das Gefühl, dass (jetzt kommt ein Gedanke) er schon viel weiter sein könnte, wenn er mehr lernen würde.“
„Ich fühle mich wie (jetzt kommt eine Eigenbewertung) eine Versagerin.“
„Ich fühle mich, als ob (nun kommt eine Metapher) ich mit einer Wand verheiratet wäre.“
- und dann persönliche Pronomen (ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie) verwendest, Namen oder Personen (meine Chefin, mein Mann) nennst.
„Ich habe das Gefühl, du hörst mir nicht richtig zu.“
„Ich habe das Gefühl, Sarah ist immer sehr bemüht.“
„Ich habe das Gefühl, mein Chef glaubt, er sei der liebe Gott.“
In all diesen Sätzen wird eine Situation oder ein Verhalten bewertet oder interpretiert.
In keinem dieser Beispiele kannst du erkennen, was tatsächlich vorgefallen ist, noch wie sich dieser Mensch fühlt, wenn er das denkt.
Wir können nur (persönliche) Annahmen darüber treffen.
So entstehen Pseudo-Gefühle
Drei Empfangsvorgänge führen zur Entstehung von Gefühlen:
- Etwas wahrnehmen
- Etwas interpretieren: dem Wahrgenommenen wird eine Bedeutung gegeben, unabhängig davon, ob sie richtig oder falsch ist.
- Etwas fühlen: wobei die „emotionale Bodenbeschaffenheit“ mit entscheidet, welche Gefühle ausgelöst werden2.
Innerhalb von Millisekunden wird das Wahrgenommene unbewusst bewertet und emotionale Reaktionen ausgelöst. Das klappt so schnell, weil automatische Bewertungsmechanismen ständig unsere Umgebung abscannen und mit unserer „Alarmdatenbank“ im Gehirn abgleichen3.
Mit entscheidend ist auch, auf welchen „emotionale Boden“ das neu Wahrgenommene fällt: Es macht einen großen Unterschied, ob ich in dem Moment ruhig und gelassen, oder gestresst, erschöpft oder ohnehin schon ärgerlich bin.
Das Gefühl ist also die direkte Reaktion auf eine Interpretation. Es sagt daher wesentlich mehr über die interpretierende Person aus als über die äußere Realität4.
So wirken Pseudo-Gefühle, wenn du sie denkst
Es ist zum „IN DIE LUFT GEHEN“!!!
Pseudo-Gefühle kehren in ständigen Gedankenschleifen immer wieder.
Wie bei einem Kreisel ist jeder Hub ein Gedanke. Mit jedem Hub bringe ich meinen Gedankenkreisel in Schwung. Immer schneller und schneller dreht er sich – bis es pfeift. Bewertest du das Verhalten von anderen Menschen als negativ, steigt das Aggressionshormon DHT (Dihydrotestosteron) an, und ruft Aggression hervor. Jeder neue Gedanke ist ein neuer Hub. Eine biologische Stressreaktion folgt, die Emotionszentren des Gehirns werden alarmiert, dein Blutdruck und das Stresshormon Cortisol steigen an5.
Sprachlich steckst du in einer Falle fest:
Denn: solange der/die andere nichts an seinem/ihren Verhalten ändert, bist du machtlos, du kannst nichts tun!
Es gibt Täter und Opfer: Jemand der etwas tut und jemand, dem wird etwas getan.
Habst du „das (Pseudo-) Gefühl“ – also den Gedanken, dass du übergangen wirst,
- so gibt es jemand, der dich übergeht (Täter) und dich, den/die Arme, der/die übergangen wird (Opfer).
- Jemand, der dich nicht ernst nimmt (Täter) und dich, der/die nicht ernst genommen wird (Opfer).
- Jemand, der dich provoziert (Täter) und dich, der/die provoziert wird (Opfer).
Fritsch nennt Pseudo-Gefühle daher auch Täter-Gefühle6.
Klagst du dann jemand Vertrautem dein Leid: „Ich habe einfach das Gefühl, dass ich übergangen werde.“
und stimmt er dir zu, hast du berechtigten Ärger.
Nutzt dir aber auch nicht!
Verurteilst du dich mit Pseudo-Gefühlen selber, kannst du dich damit wie bei einem Sog ins Bodenlose ziehen.
Zum Bespiel: „Ich fühle mich minderwertig, nicht gut genug, … Ich habe das Gefühl, dass ich alles falsch mache, …“
„Du verstehst mich nicht!“ – So wirken Pseudo-Gefühle, wenn du sie aussprichst
Das Aussprechen von Pseudo-Gefühlen treibt Menschen im Gespräch noch weiter auseinander.
Stell dir vor, ich würde zu jemandem sagen: „Ich hab das Gefühl, du nimmst mich überhaupt nicht ernst!“,
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der/die andere einen Vorwurf hört, nämlich: „Du nimmst mich nicht ernst!“ Auch wenn ich das so nicht gesagt habe!
Damit dir das nicht passiert, hol dir den Leitfaden zur Gesprächsvorbereitung!
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