Dein Denken hat sich Probleme wälzend längst verselbständigt. Produziert ohne Unterlass neue Varianten rund um Themen, die dich beschäftigen. Setzt ohne wahrnehmbares Ende unangenehme platzgreifende Szenarien ins Bild, entfernt sich immer weiter von der bekannten Realität. Du schreibst ein Drehbuch und lebst zugleich schon in der imaginären Handlung. Deine Gedanken können sich nicht lösen, du findest keine Lösung. Kann auch nicht sein, da andere Personen Teil des Geschehens sind, die, weil nicht anwesend, nicht tatsächlich, sondern nur in deinem Kopf mitspielen. Wie wird sich etwas entwickeln, wie denkt der/die andere über die Sache, welche Sorge ist aktuell, welche Bosheit hat der/die andere im Sinn, was heckt er/sie aus … unzählige Möglichkeiten füllen den Raum des Vorstellbaren.

Vielleicht kannst du dich auch mit stressigen Gedanken von allem anderen Trennen. Mit dem massiven Berg an Arbeit vor deinem geistigen Auge, den du bewältigen sollst oder musst. Die tausend Geröllsteine, schütter, rutschig, mit allem das zu tun und zu erledigen ist. Steilen Vorgaben, die zu erklimmen sind. Dazu die Sorge vor dem nächsten Montag, dem nächsten Anruf, wo die nächste Ladung auf dich wartet, obwohl du noch nicht so weit bist. Du kämpfst dich durch, arbeitest dich ab, strudelst dich ab, hetzt dich ab. Du weißt, du hast es immer noch geschafft, aber es ist viel. Echt viel. Motivierende Sätze fallen dir ein, während du sie dir vorsagst, steigt in dir der Druck. Signalstark blinkt deine Angst, etwas falsch zu machen. Sie mahnt dich, nicht fertig zu werden. Die nächste Maillawine kommt bestimmt.

Muss das so sein?

Was macht das mit dir, wenn dem so ist? Wie nimmst du dich als Ganzes wahr, wie deine Umgebung, wie deine aktiven Handlungen, während du den Kopf voll hast mit deiner imaginären Parallelwelt?

Kann es sein, dass du mit deinem Auto zwar am Ziel ankommst, jedoch nicht weißt, wie du dahin gefahren bist? Weil du so in Gedanken versunken warst. Oder du automatisiert Tätigkeiten absolvierst, ohne es zu merken? Und dich danach erschreckt fragst, ob du alles bedacht und richtig gemacht, nichts vergessen hast?

Was dringt da noch in dein Bewusstsein, wenn du dich in deinem Kopfkino verlierst? Hat da noch etwas Platz?

Welch andere Dimension wäre das, wenn nichts im Hintergrund mitlaufen würde?
Was wäre stattdessen da? Ruhe im Kopf, die sich auf den ganzen Körper ausbreitet. Innerer Frieden.

Nur das Hier und Jetzt findet statt. Die Sinnesorgane sind aufmerksam, sehen, hören, schmecken, riechen, spüren voll und stark die Außenwelt, lassen sie in dich eindringen. Durchdringen. Leben in der Gegenwart geschieht, wenn du keiner Tätigkeit nachgehst. Nur sitzt oder liegst und die Umgebung wahrnimmst. Wenn du deinen Körper von oben bis unten erkundest, fühlst. In aller Ruhe. Nichts drängt. Alle vermeintlich notwendigen Erledigungen hast du zur Seite geschoben.

Ein spannender Seinszustand? Weil ungewohnt? Abnormal? Nicht üblich?

Gelesen habe ich schon von den Weisen oder gar erleuchteten Menschen, aber nur schwer vorstellbar ihr Sein oder besser ihr Nichtstun. Die schiere Vorstellung des nur Sitzens unter einem Baum von Sonnenaufgang bis Untergang erzeugt schon innere Unruhe und Fragen über Sinnhaftigkeit und Unglauben ob des stundenlangen Verharrens in Unbeweglichkeit.

Und doch suchen wir das Ideal des Nichtstuns unbewusst immer wieder. Früher gab es noch die Sommerfrische, das Reisen aufs Land im Urlaub. Das entspannte Nichtstun in einer heruntergebremsten Umgebung. Jedes Jahr das Gleiche, alles bekannt, eintauchen in eine ruhende Welt des Wolkenzählens und Gedankenziehenlassens. Und heute?

Besonders die karge Freizeit muss genutzt werden. Pädagogisch wertvolle Minuten mit dem Nachwuchs. Dazu Selbstoptimierung, Yoga als „must have“ am Abend geht sich schon noch aus, Fitnessstudio gegen die Coronakilos, endlich finden auch wieder Achtsamkeitsseminare in Präsenz statt. Oder mit exzessiver Ausgelassenheit, Animation, X-Jam, Partys, neuen Sporttrends. Egal. Hauptsache man spürt sich. So richtig!

Zeit mit nichts verbringen, geht da gar nicht. Wie soll sich denn das dazu auch noch ausgehen? Was wäre denn da zu erzählen? Welche Fotos zu posten? Was würden andere dazu sagen? Geht gar nicht! Oder doch?

Pause

Drück doch mal auf die Pausetaste.

 

 

Eine Pause unterbricht Bestimmtes und schafft RAUM ohne eben diesem Bestimmten.

Je mehr du pausieren lässt, umso mehr schaffst du STILLE.

 

STILLE ist eine messbare Zeit!

 

Du kannst also pausenlos alle Programme gleichzeitig laufen lassen.

Oder:

Du kannst die Pausentaste drücken, dich herausziehen aus dem Sog des Unbewussten und bewusst Stille schaffen.

So oder so. Die Zeit, deine Zeit vergeht währenddessen.

  • Sie versandet entweder im allgemeinen alltäglichen BlaBla. Reibt dich auf zwischen Menschen, Orten, Situationen, die dir nicht guttun. Zementiert dich ein. Der Druck von außen wirkt.

Oder:

  • Sie erblüht. Du blühst auf. Abgesondert vom Rest der Welt: deine ToDo-Liste mit den engmaschigen Terminen? Ordentlich auf die Seite gelegt. Probleme, Wünsche, Erwartungen anderer? Dürfen warten. Haben Pause.

 

Stille.

Stille stillt.

Nährende Zeit.

 

Stille ist ein Raum – dein Raum.

 

Stille ist nicht Ruhe!

Bist du gerade unruhig? Ist es in dir tosend laut? Sehr bewegt?

Dann kann da trotzdem Stille sein.

Denn das Laute aus dem Außen ist still.

Das Bewegte, Unruhige im Innen wird laut.

Und du kannst dir endlich zuhören! Deine Gedanken wahrnehmen. Deiner inneren Stimme lauschen.

Dich selbst beobachten. Zu dir finden. Erkennen, verstehen und begreifen.

Ruhig werden. Freude spüren. Lösungen finden.

Neue Wege ausprobieren.

Ideen umsetzen.

 

Ruhe und Frieden ergreifen Platz in dir. Breiten sich aus, erfüllen deinen ganzen Körper. Nervöse Bewegungen erlahmen, dein Puls schlägt einen langsameren Takt, tiefe Atemzüge versorgen dich mit Leichtigkeit, Ruhe und Luft.

Deine Augen, deine Ohren, deine empfindliche Nase, dein schmackhafter Mund sind aktiv wie immer, doch jetzt dringen Bilder, Geräusche, Gerüche, Genussvolles in deinen Kopf, die sonst an der Barriere des Wahrnehmungsfilters ob ihrer Belanglosigkeit gescheitert sind. Du spürst deinen körperlichen Kontakt mit deiner nächsten Umgebung, dem verknitterten kühlen Leinenbettlaken, dem weichen Sitzbezug oder dem warmen Wasser in der Badewanne. Alles ungewohnt, obwohl doch so bekannt und vertraut. Die Wahrnehmung macht den Unterschied. Das plötzlich aktive Erleben der Gegenwart. Deiner realen Umgebung ohne Kopfkino und Gedankenspielchen.

Ein Entspannungszustand setzt ein, die Schultern sinken, Gesichtszüge werden weich, Finger und Zehen verlieren die kleinen Zuckungen. Einfach nur angenehm.

In der Stille kannst du auch bewegt sein:

  • geistig: arbeiten, denken, schreiben, rechnen, ein Projekt bearbeiten, …
  • körperlich: auf den Berg gehen, Fliesen legen, am Fließband werken, Garten umgraben, mikroskopieren, Klavier spielen, …

In der Stille tauchst du ein. In dich. In das, was du wahrnimmst. In das, was du tust.

Du bist konzentriert.

Du bist bewusst.

Deiner Selbst bewusst.

 

Stille geht überall: Ob du am Meer sitzt oder auf einem Wartesessel.

Stille ist Ausgangspunkt. Du bringst etwas aus dir heraus, du erschaffst, du gestaltest, du kreierst.

Und dann?

Tauchst du wieder auf!

Klickst auf Start.

Nimmst teil.

 

Cui bono

Cui bono fragte schon Cicero vor bald 2.000 Jahren. Wessen Nutzen ist es? Eine gute Frage in vielen Lebenslagen. Ist es zu deinem Nutzen oder nicht?

Wenn du dich abkoppelst von der Volksmeinung, der Meinung anderer. Du dich frei machst von der ständig geforderten scheinbar erstrebenswerten Rückkehr zur altbekannten Normalität. Du dich löst von Zwängen und Forderungen der Außenwelt.

Wenn du wieder Frau / Herr über dein eigenes Tun und Handeln wirst. Du selbst entscheidest, was und wer dir guttut! Womit und wie du deine Zeit gestaltest. Du wieder und wieder Ruhe und damit Frieden im eigenen Ich entstehen lässt.

Erst mit der Freiheit der persönlichen Beurteilung dessen, was dir lebensWERT und wichtig ist und deiner dazu passenden Entscheidungsfindung wird der Weg frei zu Ruhe und Frieden im eigenen Leben. Es geht nicht um Aussteigen aus der Gesellschaft, sondern um das Finden deines eigenen Wohlfühlplatzes darin. Abgrenzung und Trennung von den Meinungen und Vorstellungen der anderen schenkt dir Raum für eigene Entfaltung und Gelassenheit.

Wie wunderbar ist diese regelmäßige Wiederkehr von Momenten der inneren Ruhe. Diesem Frieden mit sich selbst. Ich freue mich schon auf das nächste Mal des Eintauchens darin.

Wie ist das bei dir?

Stillst du dich selbst mit Stille?
Kannst du dich frei machen, ungestört arbeiten?
Konzentriert und selbst-bewusst handeln?

IRMGARD und STEFAN WALLNER

Wir lieben die Stille. Aus dieser heraus haben wir diesen Artikel verfasst. Welch Freude, welche Genuss!

Welche stillen Freuden genießt du?