In unserer schnelllebigen Zeit wird uns oft das Ideal des Multitaskings vorgelebt: immer erreichbar, immer auf dem Laufenden, immer präsent und immer bereit für die nächste Herausforderung. Dabei vergessen wir oft, dass unser Gehirn für solche Dauerleistungen nicht ausgelegt ist. Das ständige Hin- und Herspringen zwischen Aufgaben führt zu Stress, Fehlern und ineffizienter Arbeit. In diesem Artikel stellen wir dir ein alternatives Konzept vor: Singletasking.
Erfahre, warum ein Leben nach dem Motto „Schritt für Schritt“ nicht nur gesünder, sondern auch effizienter sein kann und wie du es schaffst, aus dem Hamsterrad des Multitaskings auszusteigen. Wir gehen Fragen nach wie: Was ist Erfolg? Müssen wir wirklich „alles“ tun, erreichen und schaffen? Und wie können wir achtsamer mit unserer Zeit und Energie umgehen? Tauch mit uns in die Welt des Singletaskings ein und entdeck, wie du deine Lebensqualität und dein Wohlbefinden steigern kannst, indem du „eines nach dem anderen“ machst.
Was ist Erfolg?
Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, da braucht es einen Ausgleich. Gott sei Dank gibt es das Fitnessstudio, Konzerte und die Kinder haben wieder alle ihre Programme. Da braucht es Spaß. Als Teil des letzten harten Kerns auf der Party, da wird es erst so richtig lustig. Das Handy hast du bei dir, bist immer erreichbar. 24/7 online, checkst du in den Pausen alles durch. Geht ja schnell. Braucht ja nicht ständig jemand etwas von dir, und wenn, dann kannst du gleich knackig Auskunft geben, Probleme lösen, Dinge regeln. Alles erledigt. Im Urlaub alles sehen, alles mitmachen, du willst die Zeit nutzen, nichts verpassen. Wenn du so drin bist, ist es leicht, immer auf Ballhöhe zu bleiben, und wenn es sein muss, halten dich ein paar Pillen, eine Zigarette oder Alkohol auf Kurs. Lass uns nicht kleinlich sein. Du schaffst das. Alles eine Frage der Organisation. Kein Problem. Was, Burnout? Das ist was für Verlierer.
Erfolg ist … alles zu tun? … alles zu schaffen? … alles zu erreichen?
Was ist „alles“? Muss es wirklich so sein? Dass alles gleichzeitig geschieht? Darf es keine Lücken geben in dem, was dich umgibt? Wessen Leben ist das? Deines? Oder spielst du eher eine Marionette unter vielen in einem großen, globalen Kasperletheater?
Raus aus der Spur. Versuchen wir einen anderen Ansatz als Antithese, als Ansatz zum Nachdenken und als persönliche Entscheidungshilfe für die eigene Lebensplanung.
Das Gegenkonzept heißt step by step, Schritt für Schritt. Genauso wie du ganz natürlich durchs Leben gehst. Du kannst es auch one by one nennen, eins nach dem anderen. Oder einfach Singletasking.
Eins nach dem anderen? Du kennst den Spruch! „Das ist doch nur was für Faulpelze und Taugenichtse. Obizahrer auf gut Österreichisch. Die, die auf die Bremse treten und Langsamkeit propagieren, die mögen wir schon! Und die anderen sollen die Arbeit machen, oder was?“
STOP, nein! Singletasking (das Rechtschreibprogramm meines Computers hebt es immer noch rot hervor, während Multitasking ein anerkanntes, rechtschreibkonformes Wort ist!) ist es wert, im Detail betrachtet zu werden.
Die Gerechtigkeit der Zeit
In einem Punkt ist unsere Welt gerecht: Wir alle haben 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 12 Monate im Jahr Zeit. Nicht mehr und nicht weniger. Singletasking findet also in der gleichen Zeit statt wie Multitasking, so viel steht fest.
„Ja, aber alle, die viele Dinge gleichzeitig tun, schaffen viel mehr und kommen viel weiter als diejenigen, die nur eine Sache nach der anderen tun!“
Vielleicht aber auch nicht? Dazu ist es hilfreich, zunächst einmal zu bewerten, was es heißt, Dinge erfolgreich zu meistern und ob bei ehrlicher Betrachtung tatsächlich immer nur die eigene Leistung dahinter steht. Grundsätzlich würde sich eine persönliche oder eine gesellschaftliche Erfolgsbetrachtung anbieten. Und woran dieser Erfolg gemessen wird. Am eigenen Wohlbefinden, an der persönlichen Zufriedenheit oder an der Menge der äußerlich erkennbaren Titel, Trophäen, Reichtümer, Follower, ….
Erfolg ist … gleichzeitig auf allen Spuren wirken. Stimmt das?
Starten wir mit ein paar einfachen Beispielen, um uns dem Konzept des Singletasking anzunähern. Wie sieht es in all den Bereichen aus, die nur als zahnradartig ineinandergreifendes Team von Spezialisten funktionieren?
- Jeder Fußballspieler hat in seiner Mannschaft eine klar zugewiesene Position, in der er seine ihm zugedachte Aufgabe auf dem Spielfeld erfüllt. Kein Torwart, der, statt den Ball auszuschießen, mit dem Ball auf das gegnerische Tor zustürmt und nach einem sehenswerten 100-Meter-Solo mit einem Schuss ins lange Eck abschließt.
- Kein Chirurg, der das Skalpell ansetzt, der parallel die Narkose überwacht und sich selbst die Instrumente für die Operation am offenen Herzen zusammenstellt und reicht, während er sich selbst den Brustkorb mit Klammern offen hält, spült und absaugt.
- Kein Pilot, der im Blick hat, dass alle Gepäckstücke in seinem Flieger sicher verstaut sind, der den Flieger tankt, der die Fluggäste während des Fluges mit Speisen und Getränken versorgt und dabei startet, fliegt und landet.
Jeder würde sich bei solchen Aktionen auf den Kopf greifen! Fehler, schwere, tödliche Fehler (mit Ausnahme des Torwarts) wären vorprogrammiert!
Erfolg ist … alles auf einmal zu machen, überall gleichzeitig zu schrauben. Stimmt das?
Denk an einen Uhrmacher, der nach einem genauen Bauplan und in einer klaren Reihenfolge die Schrauben, Zeiger, Federn und Zahnräder behutsam und in aller Ruhe in das kleine Uhrgehäuse einfügt. Ein schrittweises Vorgehen erhöht die Chance auf ein zufriedenstellendes Ergebnis.
- Gilt für viele Bauprojekte, vom Aufbau eines IKEA-Kastens bis zur Operation eines gebrochenen Knochens.
- Gilt für die Erstellung einer Bilanz, vom Sortieren der Belege über das Kontieren, Buchen und alle weiteren notwendigen Einzelschritte bis zur fertigen Bilanz.
- Gilt für erfolgreiche Gespräche, gilt für gute Texte, gilt für alles, was zum Erfolg führen soll: Vorbereitung, Durchführung, Abschluss mit Ausblick. Schritt für Schritt.
Bei vielen Berufsgruppen, Künstlern oder Sportlern erscheint es uns klar und nachvollziehbar, dass Höchstleistungen nur möglich sind, weil ein klares Ziel vor ihren Augen liegt. Weil es einen klaren Ablauf gibt und minimale Ablenkung. Weil Prioritäten gesetzt und konsequent umgesetzt werden. Schritt für Schritt.
Im persönlichen Umfeld scheint dies nicht immer möglich oder wünschenswert. Was passiert, wenn etwas dazwischen kommt? Du abgelenkt wirst? Den Fokus verlierst? Mehrere Dinge gleichzeitig tun möchtest? Ständig zwischen verschiedenen Aufgaben hin- und her springst oder zu schnell handeln musst?
Dann entsteht Stress. Es unterlaufen Fehler, deren Behebung Energie und Zeit kosten, immer wieder neu anfangen ist die Folge, es geht nicht richtig voran, kein Ende in Sicht. Frustration macht sich breit, du wirst immer hektischer, Nervosität schleicht sich ein, Ärger kommt auf, Schuldzuweisungen werden laut, zuerst gegen andere, dann gegen dich selbst, Selbstzweifel machen sich breit.
Warum ist das so?
Weil dein Gehirn, so wie unser aller Hirne, eben kein grenzenloser Supercomputer ist, sondern nach wie vor ein evolutionär entstandenes archaisches System mit einem begrenzten Arbeitsspeicher. Weil dein Personal Computer, dein Gehirn, genauso wie dein PC oder Laptop, es nicht schätzt, wenn viele Tasks in der Leiste offen sind. Bis er abstürzt. Deshalb ist es essenziell, dass du mit deinen Ressourcen haushaltest und dich nach der persönlichen Decke streckst, egal wie schnell die digitale Revolution um dich herum abläuft. Unabhängig davon, was andere um dich von dir wollen! Wie du funktionieren solltest.
Warum mehr Schaffen mit Multitasking ein Trugschluss ist
Multitasking bezieht sich oft nur auf bestimmte Zeitkontingente des Tages. Die restliche Zeit läuft dann oft planlos und nicht nachvollziehbar ab. Ausgepowert starrst du stundenlang geistesabwesend und in Social Media scrollend auf dein Smartphone. Glaubst du nicht? Es gibt Apps, die dein Verhalten messen. Schau mal nach, wie viel Zeit es tatsächlich ist. Es könnte sein, dass du dich wunderst. Oder streamst auf Netflix durch ganze Serienpakete? Raubt dir die heutige Form des Multitaskings teilweise so den Verstand, dass du in der restlichen Zeit in den Seilen hängend gerade noch die Chipsschale auf dem Bauch balancierst und voll Brösel irgendwann des nächtens oder morgens durch den noch immer laufenden Fernseher aufgeweckt wirst?
Multitasking macht auch nur eins nach dem anderen. Nur in viel kürzeren Mini-Einheiten. In einer halben Stunde eine wichtige Arbeit erledigen, das Handy checken, der Freundin auf Whatsapp antworten, der Lehrerin deines Sohnes dein Kommen zusagen, organisieren, wie du die Zeit wieder aufholst und alles doch unterbringst. Ach, den Salat fürs Mittagessen könntest du bei der Gelegenheit gleich mitnehmen. Dann hättest du dir wenigstens einen Weg erspart.
Was hast du eigentlich in dieser halben Stunde konzentriert und fehlerfrei gemacht? Ups, da kommt es schon: Dein schlechtes Gewissen wegen der Arbeit, die du so gerne in Ruhe zu Ende gebracht hättest. Na ja, vielleicht lässt sich das ja am Abend ausbügeln? Wenn du die Arbeit mit nach Hause nimmst?
Was wäre, wenn …
• Was wäre, wenn du diesem Wahnsinn einen Punkt setzt und dir eine Nachdenkpause gönnst?
• Was wäre, wenn du dir in den einzelnen Phasen deines Lebens in Ruhe überlegst, was dir für diesen Lebensabschnitt wirklich wichtig ist und was du für dich erfüllt sehen möchtest (deine Bedürfnisse und Werte)?
• Was, wenn du dann für dich erreichbare Ziele und Pläne festlegst?
• Was, wenn du dabei ganz klare Prioritäten setzt und dich langsam und stetig vorwärts bewegst? Du entscheidest, was Zeit in deinem Leben bekommt. Wem oder was du wie viel Zeit schenkst. Zeit aus deiner begrenzten Lebenszeit.
• Wie wäre es, wenn du dich mit deinen Mitmenschen absprichst und Aufgaben teilst? Wie der Fußballer, wie der Chirurg, wie der Pilot. So wie du! Und die anderen einfach auf ihre Weise machen lässt?
• Was, wenn du dich auf deine Aufgaben konzentrieren könntest, ohne ständige Ablenkung und ohne störende Zusatzinformationen?
Was, wenn du deine Vorsätze und Ziele auf das abstimmen könntest, was dir wirklich wichtig ist?
Mut zum Singletasking
Oh! Singletasking kann Mut erfordern? Mut, sich abzugrenzen? Mut, Nein zu sagen? Mut, deine Ziele wirklich erreichen zu wollen?
So einfach ist das alles nicht? Auch hier geht es nicht um alles oder nichts! Nicht um alles auf einmal! Sondern, du ahnst es schon: Schritt für Schritt.
Es geht um das große Ganze für uns und die Gesellschaft um uns herum. Wenn du deine Bedürfnisse erleben und deine Ziele erreichen willst, geht es um das Einhalten von soliden, kontinuierlichen, konzentrierten Abläufen. Du stellst dich darauf ein. Wenn du ohne Ablenkung Abläufe automatisierst, machst du nach und nach deinen Arbeitsspeicher frei. Dein Können wandert ins Unterbewusstsein, wird zur unbewussten Kompetenz. So schaffst du Platz, um darauf neue Fähigkeiten aufzubauen und zu entwickeln. Gib dir und deinem Gehirn einfach die Zeit und die Aufgaben, die du auf Dauer bewältigen kannst. Das führt zu echtem Wohlbefinden.
Lass dich also nicht von außen drängen, nicht von anderen steuern, sondern gehe motiviert Schritt für Schritt bis zu deinem gesteckten Ziel. Du wirst im Rückblick immer wieder erstaunt sein, wie weit man damit kommen kann.
Wie ist das bei dir?
💛 In welchen Bereichen deines Lebens fällt es dir besonders schwer, dich auf eine Aufgabe zu konzentrieren? Was könntest du tun, um das zu ändern?
💛 Welche Erfahrungen hast du bisher mit Multitasking gemacht und wie hat es sich auf dein Wohlbefinden ausgewirkt?
💛 Kannst du Situationen erkennen, in denen du mit Singletasking effizienter handeln könntest? Wie könntest du dies in deinen Alltag integrieren?
Wenn du magst, kannst du uns schreiben. Wir freuen uns darauf, von dir und deinen Erfahrungen zu lesen!
Herzlichst
Irmgard und Stefan
Du willst dich zum Thema vertiefen? Dann empfehle ich dir das Buch The One Thing.

Irmgard und Stefan Wallner, Foto von Danila Amodeo
Wenn wir auf die vergangenen knapp zwei Jahre zurückblicken, sind wir erstaunt, verblüfft und freuen uns über das, was wir erreicht haben. Abgesehen von unserer klaren Planung mit der Bestimmung unserer wichtigsten Bedürfnisse, der Definition unserer Absichten und klaren Schritten, haben wir uns – wenn unsere Ungeduld aufkam – immer wieder gegenseitig daran erinnert: eins nach dem anderen.
Für uns ein großer Teil eines klaren Erfolgsrezepts.