Schön und gut jetzt hast du deine Bitte, ich würde mal sagen, glasklar formuliert und deinem Gegenüber unmissverständlich eindeutig überbracht, aber passiert ist nix damit. Ja, du weißt schon die Antwort auf eine Bitte kann und darf auch Nein sein. Es kann auch keinerlei Reaktion von deinem Adressaten folgen, alles ist möglich. Sauer bist du jetzt nicht, sonst hättest du die Forderung hinter deine Bitte gleich selbst entlarvt. Aber fühlst du dich in diesen Fällen wirklich besser? Oder ist nicht doch das nicht Aussprechen und Hinunterschlucken die adäquatere Lösung?  Und alles selbst machen. Dann weißt du wenigstens, dass es in deinem Sinne erledigt ist.

Doch halt! Was ist mit all den Fällen, wo eine Situation nicht einmalig eintritt, sondern es um etwas immer Wiederkehrendes im Leben geht? Du kannst die Uhr danach stellen, bis du dich das nächste Mal im selben Setting wiederfindest. Du kommst in die Küche und die schmutzigen Teller stehen einfach in der Spüle. Wie oft hast du dich schon innerlich darüber geärgert, dass dein Partner/deine Partnerin nach dem Essen die Teller nicht sofort in den Geschirrspüler räumt? Wäre echt kein zusätzlicher Arbeitsaufwand. Außerdem muss er/sie doch wissen, dass du das nicht magst, wenn das schmutzige Geschirr herumsteht. Genau genommen wartest du manchmal schon darauf, das Kunstwerk in der Küche vorzufinden und damit die Negativspirale im Kopf anwerfen zu können.

Die gedankliche Negativspirale kennt auch Peter, der sich in regelmäßigen Abständen jede Menge Aufregungen jeglicher Art von seinem Mitarbeiter anhören kann. Vergeblich sucht er nach Wegen, was er für ihn tun kann. Wie er ihm helfen, ihn unterstützen kann. Damit endlich Ruhe einkehrt. Nichts fruchtet. Er sieht die nächste Aufregung schon kommen. In dem Moment etwas dazu sagen oder bitten, macht wirklich keinen Sinn!

Wie wäre das denn, wenn du es einmal anders machst?

Der Vorteil eines wiederkehrenden Ereignisses ist die Möglichkeit der Vorbereitung, der durchdachten Planung einer angemessenen Reaktion. Wie könnte denn das nächste Mal deine Bitte lauten, wenn die Situation wieder eintritt?

„Ich weiß, ich habe bisher nie etwas gesagt, aber für mich ist die Ordnung in der Küche wichtig und ich schätze es sehr, wenn wir gemeinsam unseren Lebensraum wohnlich und angenehm gestalten. Deshalb würde ich dich bitten, dein Geschirr nach dem Essen direkt in den Geschirrspüler zu räumen.“ Die Entertaste im Kopf ist mit dem Aussprechen deiner Bitte gedrückt, deine Botschaft ist abgeschickt. Dieses Gefühl einer gewissen Erleichterung kennest du. Im Kopf ist ein Gedankenkreislauf plötzlich beendet worden. Du weißt noch nicht, was es bewirken wird, aber bei dir, in dir hat sich ein offener Punkt auf deiner inneren ToDo Liste selbstständig abgehakt.

„Herbert, bitte STOP. So mag ich das nicht mehr hören. Ich weiß, ich habe bisher noch nie etwas gesagt. Ich mag gerne in Ruhe wissen, was los ist und ernst nehmen, was zu lösen ist. Drum ersuche ich dich, dass du dich vorbereitest, bevor du zu mir kommst: erkläre mir, was konkret vorgefallen ist, worum es dir geht und was du nun konkret gerne von mir möchtest. Wenn du das noch nicht sagen kannst, überlege dir das bitte in Ruhe und komme dann wieder.“ Das Packerl ist übergeben.

Platz ist frei geworden für anderes, du kannst die Zeit nutzen, um etwas Positivem Raum zu geben. Dinge beenden können und damit nicht mit der Überforderung oder Überlastung einer ausufernden ToDo Liste konfrontiert zu sein, schon allein dadurch entsteht ein verbesserter Seinszustand.

Und die Sache selbst? Es steht nichts Unausgesprochenes mehr im Raum. Dein Gegenüber weiß genau, was deine klare Bitte war. Auf Grund dieser Klarheit steigen die Chancen, dass der /die andere das Verhalten ändert. Falls nicht, ist die Ausgangssituation aber trotzdem eine andere. Ab sofort räumst du nicht mehr nach, drückst deine inneren Ordnungsaugen in der Küche für eine Weile fest zu und verfolgst das weitere Geschehen.

Jetzt scheint es auch ihm/ihr ungemütlich zu werden, das Thema wird von der anderen Seite angesprochen. Wie fein, das passt jetzt gut, weil du umgehend Bezug nehmen kannst auf deine glasklare Bitte. Du rechtfertigst dich nicht für dein geändertes Verhalten. Du packst die Gelegenheit für ein Klärungsgespräch, in dem Ihr Euch wechselseitig hören und verstehen könnt und gemeinsam der Frage nachgeht: Wie regeln wir die Küchenordnungsfrage so, dass es für uns beide passt?

Auch Peter ist erst bereit Herbert in sein Büro zu lassen, wenn er vorbereitet und ruhig kommt. Zunächst ist das noch ärgerlicher und frustrierender für Herbert. Ob er einen weiteren Versuch startet, so durchzukommen oder ob er um ein Klärungsgespräch bittet – Peter ist vorbereitet. Das entspannt.

Klare, entspannte Bitten sind Geschenke. Den anderen schenkst du so Klarheit und Fairness. Weil du so klar warst, können sie wählen, wie sie damit umgehen. Es liegt jedoch noch ein Geschenk darin verborgen, das Geschenk, das du dir selbst machst. Bist du dir selbst-bewusst, was dir wirklich wichtig ist und wofür du klar stehst, kannst du das gemeinsam mit deinen glasklaren Vorstellungen präsentieren. Genau das liebt dein Herz und Hirn, egal wie der weitere Verlauf auch sein wird. Es gibt dir innere Zufriedenheit mit dem eigenen Vorgehen und eine Bestärkung darin, auch zukünftig in anderen Fällen mit dem gleichen Muster vorzugehen. Du setzt dich für dich und deine Anliegen ein.

Wie geht es dir mit klaren und entspannten Bitten?
Welche haben dir welche Erfolge geschenkt?
Welche möchtest du noch präsentieren?

Wenn du magst, kannst du mir in die Kommentare schreiben. Ich freu mich, von dir zu lesen!

Herzlichst,
Irmgard