Ein Satz, ein Wort, eine Geste, einer deiner roten Knöpfe ist gedrückt und obwohl du es dir vielleicht anders vorgenommen hast, läuft im Handumdrehen die Gefühlskettenreaktion. Der/die andere weiß eben, wie man dich auf die Palme bringen kann. Wie bei einem Wurlitzer spielst du auf Knopfdruck die altbekannte Platte, die ewige Melodie, das immer gleiche Lied.
„Ja, ich weiß das eh alles, aber wenn ich in Rage bin, dann kann ich nicht anders.“
„Das geht dann so schnell, dass alles Gelernte vergessen ist.“
„Ich habe da meine Auslöser, wenn die gedrückt werden, dann explodiere ich einfach.“
Fremdgesteuert
Ein innerer Automatismus hat in Sekundenschnelle deine Kommandozentrale übernommen und ehe du dir versehen hast, bist du wieder in dieser Endlosschleife gelandet. Kannst nicht eingreifen, nicht bewusst agieren. Willst es in dem Augenblick auch gar nicht mehr! Hat dich doch jemand im Außen mit einer scheinbaren Fernbedienung ferngesteuert, dich wütend, traurig oder sonst ein unangenehmes Gefühl gemacht!
Bist du in diesen Situationen wirklich willenlos den äußeren Umständen mit seinen (meist altbekannten) Akteuren ausgeliefert?
Tust du dir selbst Gutes mit deiner Handlungsweise? Wenn nein, wieso behältst du sie bei?
Kennst vielleicht auch du Menschen, die sogar darauf beharren, dass es halt nicht anders geht? Dass es nicht an ihnen, sondern eben an allen anderen liegt?
Die meiste Zeit unseres Lebens spielt es für uns eine große Rolle frei zu sein, uns nicht beeinflussen zu lassen und die eigenen Entscheidungen zu treffen. Bloß in diesen speziellen Momenten werfen wir das alles über Bord und geben das Ruder völlig aus der Hand. Wir verlieren unsere Selbstbeherrschung, die uns sonst in die Lage versetzt mit Vernunft und Weisheit auf unsere Umgebung und die von ihr ausgelösten Gefühle, Beurteilungen und Gedanken zu reagieren. Die es uns ermöglicht, bewusst in unserem Interesse zu handeln und uns mit den resultierenden Entscheidungen selbst Gutes zu tun.
Wer herrscht dann in dir, wenn nicht du selbst?
Sind es deine Emotionen, dir mit dir durchgehen? Die auf evolutionäre Abläufe zurückgreifen und dich auf Angriff gehen, die dich lähmen oder flüchten lassen? Probate Mittel der Urzeit als Irrläufer in der Gegenwart, die ihren Nutzen für dich oft weit verfehlen.
Verlierst du deine Selbstbeherrschung, gibst du deine Herrschaft über deine persönliche Lebenswelt ab. Du lässt dich von Personen, Situationen und Vorkommnisse im Außen dominieren. Solange du deine Herrschaft nicht wiedererlangst, bleibst du in dieser Abhängigkeit und dein ganzes Denken, Fühlen und Handeln wird marionettenartig durch äußere Einflüsse gesteuert.
„Aber so gut soll er es nicht haben, dass DEINE Gemütsruhe in SEINE Willkür gestellt wird.“
Epiktet
Klingt gut, denkst du dir, während bereits die nächste ungebetene Einladung in dein Haus, in deine Welt flattert. Wie schnell es doch anderen gelingt, dich in diesen willenlosen Automatismus zu locken. Du bist damit völlig berechenbar geworden. Du kannst dich nicht mehr selbst steuern und wirst deshalb leicht von außen manipulierbar. Dein Programm ist bekannt, weil es gleich abläuft wie in der Vergangenheit auch.
Tatsächlich opferst du damit völlig freiwillig deine Gemütsruhe, deinen inneren Seelenfrieden, auf dem Altar der Willkür einer anderen Person.
Selbstbeherrschung
Wenn du selbst HerrscherIn deiner persönlichen Welt bist, dann regierst du klar, präzise und bewusst!
- Du weißt, an welchen WERTEn du dich orientierst und wie du dein Leben, deine Beziehungen gestaltest.
- Du kannst bedacht mit deinem Innenleben, also mit deinen Gedanken, deinen Gefühlen und deinen Bedürfnissen, Anliegen und Interessen umgehen, konstruktiv handeln.
- Du achtest auf dich und auf deine Grenzen! Du bestimmst, wem oder was du dich wie lange aussetzt! Du weißt, was dir guttut und was dir (ab wann, ab welcher Menge) schadet. Du passt auf dich und auf deine Welt auf!
- Bei Grenzverletzungen zeigst du deine Grenze klar und unmissverständlich auf. Bei Bedarf setzt du dich ausdrücklich für ihre Wahrung ein.
Wie kannst du wieder Einfluss und Herrschaft über dich gewinnen?
Präventiv:
Bestimme deine Absicht für bestimmte, möglicherweise herausfordernde Begegnungen. Was ist dir für gefährliche ZeitRÄUME wichtig? Ist es FRIEDEN? Ist es SICHERHEIT? Ist es SCHUTZ? Etwas anderes? Plane, wie du vorgehst, damit sich deine Absicht erfüllt.
Entschärfe deine roten Knöpfe mit Hilfe von Selbstreflexion (das passiert mir sicher nicht mehr!)
In der Situation:
Der Startpunkt dabei ist und bleibt der Klassiker – EIN- UND AUSATMEN – wertvolle Sekunden, die vergehen und das alte, bekannte Programm zumindest einmal verzögern. Die Länge dieses Augenblicks hast du übrigens völlig in deiner Hand. Während du dich fragst, ob du im falschen Film bist, lehn dich zurück und schau dir das Theater in Ruhe an. Jetzt kannst du dir in aller Ruhe Gedanken wie den folgenden Platz greifen lassen.
„Wenn dich also jemand ärgert, so wisse, dass dich deine Meinung geärgert hat.“
Epiktet
Atme ein, atme aus. Löse in der für dich nötigen Zeitspanne die absolut nüchterne Betrachtung der gerade stattgefundenen Beobachtung von deinen Gedanken dazu.
- In der von mir vor dreißig Minuten geputzten Abwasch sehe ich ein Messer, an dem Nutella festklebt.
- Meine Mutter / meine Tochter / meine Schwester / meine Nachbarin / meine Chefin / meine Mitarbeiterin / mein Vater / mein Sohn / mein Bruder / mein Nachbar / mein Chef / mein Mitarbeiter / Wer-auch-immer (Name einsetzen) … legt Thema XY (Thema sachlich benennen) auf den Tisch.
Atme ein, atme aus. Sag dir selbst: „Interessant! Was denke ich mir dazu?“ Als HerrscherIn deines Reiches hörst du dir deine BeWERTungen und Urteile in aller Ruhe an.
Ein Tipp für den Alltag: Speichere Personen, die für dich herausfordernd sind, im Telefon beispielsweise ab unter „Einatmen. Ausatmen. Freundlich schauen.“ Oder unter „Einatmen. Ausatmen. Hören, was kommt.“ Oder unter „Nicht abheben. Bewusst Zeit nehmen.“ Oder was auch immer dir hilft, in deiner Ruhe und Herrschaft zu bleiben.
Während sich draußen die Zeit dreht, nimmst du deine Gefühle wahr und fragst dann deine Bedürfnisse, was wirklich wichtig ist für dich. Was ist jetzt das Wichtigste? Ahh! Dein Seelenfrieden? Wie bestimmst du, mit diesem Sachverhalt umzugehen?
- Lass ihn links liegen.
- Wirf ungebetene Einladungen ins Altpapier.
- Nimm beMERKENsWERTe Kommentare mit, um später in Ruhe darüber nachzudenken.
- Zeige freundlich und bestimmt deine Grenze und bringe ein neues, ein förderliches Thema aufs Tablett.
- Bestimme, ob du bewusst zuhörst oder ob du klar sprichst.
Hmm, was auch immer du aus dem jeweiligen Sachverhalt machst: Nimm dir die Zeit, ja, in der Situation und überlege wie du in Übereinstimmung mit deinen WERTEN und in deinem Sinne handelst und dir Gutes tust.
Klingt schwierig? Vielleicht.
Mach es zu deinem neuen Automatismus, den du einübst und entsprechend oft wiederholst, bis er in Fleisch und Blut übergeht. Unterstütze dich, in dem du dich dran erinnerst!
Beherrschst du diese Technik, herrscht du über dein Wohlbefinden in deiner Welt! Ein wichtiger, zusätzlicher Baustein für ein lebensWERTes Leben.
💛 Was fällt dir bei Selbstbeherrschung ein?
💛 Wann fällt es dir leicht?
💛 Wann fällt es dir schwer?
💛 Gibt es Momente, in denen du sie verlierst?
💛 Wie möchtest du ab jetzt damit umgehen?
Wenn du magst, kannst du mir schreiben. Ich freue mich, von dir zu lesen!
Herzlichst
Irmgard

Stefan und Irmgard Wallner
Text von Irmgard und Stefan Wallner
Ja, auch wir erhalten ungebetene Einladungen. Ja, auch uns fällt es nicht immer leicht!
Ja, auch wir üben. Bewusst sein, bewusst bleiben, LebensWERT leben.
Üben ist tun.
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