“Du ich muss dir was erzählen … Hast du gewusst, dass der …“ Was früher der Dorftratsch als belebende Unterhaltung bot, findest du heute auf Raucherplätzen, in Sozialräumen, in Siedlungen, bei Vereinstreffen, Familienfeiern und anderen Zusammenkommen . Fernsehen, Streamingdienste und Social Media erweitern das Angebot und mischen kräftig mit. Das Auge hält Ausschau nach Stellvertretern, die entweder Herausragendes leisten oder grandios versagen. Der/Die Sprechende sitzt dabei gemütlich im Beobachtersessel und gibt sich als Nicht-direkt-Betroffener in Sicherheit wiegend den Interpretationen des Geschehens hin. Kommentiert frei von jeglicher Verantwortung. Ungebeten. Ungefragt. „Wieso hat er bloß …?“ „Ich verstehe das nicht! Warum hat sie nicht …?“ „Ich meine, gerade er müsste das doch besser wissen und …“
Diese Themen findest du in diesem Blogartikel
Das Leben der anderen: Fern-sehen statt sich Nahe kommen
FERN-SEHEN der anderen Art. Ganz ohne technisches Gerät. Da laufen spannende Serien mit Suchtpotential in der Firma. Wer mit wem und warum. Mitreißende Filme im Freundeskreis. Was bei denen alles los ist! Großes Kino, wohin man auch schaut! Die Handlungen der anderen bringen Bewegung ins eigene Gefühlsleben. Mit der Wahl des Programmes lässt du dich emotionell fremdsteuern.
Drum geht es auch so rasend schnell, wenn du plötzlich selbst in Mitleidenschaft gezogen wirst. Wie viel einfacher und leichter wäre das Leben doch, wenn sich die anderen verhielten, so wie du dir das vorstellst. Tut dann jemand etwas, das dich in deinem Wohlbefinden beeinträchtigt, haben die anderen die Fernbedienung für deine Gefühle scheinbar schon in der Hand, drücken darauf nach Belieben herum. Was dir bleibt?
FERN-SEHEN, was diese Menschen falsch machen, den Fokus bei ihnen lassen und ihnen die Verantwortung für die eigenen Gefühle zuschieben. „Es regt mich auf, weil er schon wieder …“ „Sie nervt mich! Warum kann sie nicht einmal …“ „Ich hätte mir mehr erwartet. Du enttäuschst mich sehr!“
So lange diese anderen sich nicht anders verhalten, bist du offenbar machtlos. Sie haben es doch in der Hand! Warum tun sie dann nicht anders?
Warum tust du, was du tust? Warum gibst du deine VerANTWORTung für deine Gefühle so freizügig ab?
Warum sprechen wir so viel lieber über andere als über uns selbst?
Warum beobachten wir Erfolge und Misserfolge, vergleichen uns und versuchen das Leben der anderen nachzuvollziehen?
Es ist Gewohnheit.
Es ist eine weitverbreitete GeWOHNheit in unserer Gesellschaft! Viele WOHNEN außer sich. Sind woanders mehr zuhause als bei sich selbst. Drum kennen sie sich dort auch so gut aus. Wie geredet wird, hast du bereits als Kind aufgenommen, hast hungrig nach den Worten gegiert, bis du sie selbst sprechen konntest. Ohne sie zu hinterfragen. Du hörst es heute noch. Eine ständige Wiederholung von Meinungen, BeWERTungen, Gedanken. Unsere Urteile sind vor langer Zeit geformt und geschliffen worden. Filter unserer Zeit. Aufnehmen, Wiederkäuen. Hören, wiederholen. Mit ständigem Vokabeltraining festigt sich unsere Sprache und damit auch unser Denken!
Es ist leicht.
Was du gewohnt bist, machst du automatisch, unbewusst. Alles, was du gewohnt bist, geht leicht. Braucht wenig Anstrengung. Interpretationen, Schlussfolgerungen, BeWERTungen. Wie flüssig doch Worthülsen über die Lippen fließen. Sich ergießen. Einfach.
Es gibt Selbst-Bestätigung.
Wie schön doch Manches formuliert werden kann. Wie genüsslich wir uns dabei selbst zuhören, wenn wir uns mittels Gesagtem über andere die eigene Position wunderbar rechtfertigen und einzementieren.
Auch Neid auf andere lässt sich treffend platzieren, wenn mit jemandem über jemanden gesprochen wird. Am besten mehrmals und regelmäßig bei wechselnden Gesprächspartnern die gleiche Botschaft wiederholen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Sollen es nur alle wissen. Mit jedem Wort wirkt die Selbst-Bestätigung. Ja. So ist es!
Viel seltener schon wird anerkennend über andere und deren Erfolge gesprochen. Kann doch dies als innerer Antrieb einen tiefen Wunsch nach Entwicklung und Bewegung auslösen. Aufruf zum eigenen Handeln sein. Wie mühsam und aufwendig. Nein, danke!
Es fehlen die Worte.
Du merkst, dass da was nicht stimmt, dass etwas in der Luft liegt. Du kannst jedoch nicht sagen, worum es dir geht und was die eigentlich willst. Dir fehlen mit der Klarheit die passenden Worte. Steigt der Druck, dann muss „es“ raus. Ungefiltert. Unbedacht. Die anderen im Visier schießt du los.
Es ist beängstigend.
Im Scheinwerferlicht stehen? Ungeteilte Aufmerksamkeit bekommen? Wie unangenehm. Da könnte sichtbar werden, dass man nicht perfekt ist. Dass Fehlentscheidungen das Leben mitgeprägt und Narben hinterlassen haben. Die Ablenkung zu den anderen hin schützt vorm drohenden Zeigefinger und Ablehnung.
Eine Sache der Verlegenheit.
Ein Gespräch in Gang halten, dabei jedoch nichts Persönliches beitragen? Wie soll das gelingen? Einfach und leicht mit einem Verlegenheitsthema. Da findet sich schon wer, über den man reden kann. Man vergibt sich ja nichts.
Ist das so? Vergibst du dir wirklich nichts?
Was du dir vergibst, wenn du über andere sprichst:
Du vergibst RAUM! Raum, in dem echte Begegnung stattfinden, wahre Verbindung entstehen und wachsen kann.
Du vergibst LebensZEIT! Deine kostbare Lebenszeit!
Du vergibst AUFMERKSAMKEIT! Gestehst anderen wesentlich mehr zu als dir selbst!
Was wäre anders, wenn es um dich als sprechende Person geht?
Was, wenn du plötzlich im Mittelpunkt des Gespräches stehen und sich alles um dich drehen würde? Mit einem Schlag wäre jegliches AUSSEN zur Seite geschoben. Die Welt würde zusammenschrumpfen und sich komplett fokussieren. Keine Vermutungen, Interpretationen, Beschuldigungen und Verdächtigungen wären im Raum, sondern „bloß“ ausgesprochene WAHRHEITEN. Wenn du sie zulässt.
Es bedeutet, dir SELBST-BEWUSST zu werden, was du denkst, fühlst und brauchst. Was dir wirklich wichtig ist. Dich auszuprobieren im Ausdrücken. Sag, dass du einfach nur erzählen möchtest, was dich beschäftigt. Bitte deinen Gesprächspartner darum, einfach nur zuzuhören. Einfach nur mitfühlend hinzuhören zu dem, was du teilst. Lausche in dich und beschreibe, was innerlich in dir vorgeht, was dich bewegt. Welche Gefühle auftauchen. Welche Sehnsüchte sich melden. Welche Bedürfnisse mehr WERT bekommen möchten.
Indem du es ausdrückst, kommt es ans Licht. Hörst du dich selbst. Staunst über dich selbst. Bestätigst damit, was die WERT und WICHTIG ist.
Durch das Sprechen von dir selbst lernst du dich selbst besser kennen und verstehen. Kannst schöne Seiten an dir und neue Wege für dich entdecken. Auch deine Gesprächspartner lernen dich anders und neu kennen! Deine Sichtweise zu sehen und was dich bewegt, lässt sie verstehen. Lässt sie begreifen, was dir wichtig ist. Wirkt in ihnen und auf euch.
Faszinierend, was alles möglich ist, wenn nicht mehr oberflächlich herumgeschnorchelt wird, sondern wenn beide die Taucherausrüstung anlegen und mit dem Gespräch in unbekannte Tiefen tauchen. Unbeschwertes Gleiten, langsame Bewegungen, stilles Staunen. Seite an Seite Schätze erkunden. Verbunden. Wirklicher AUSTAUSCH entsteht. Profunde Wahrheiten werden geboren.
Was du von dir erzählen kannst?
- Von deinen Erfahrungen, dem was du er-lebt hast.
- Von beMERKENsWERTEn Situationen, die du reflektierst.
- Von Themen, die dich innerlich – gedanklich und gefühlsmäßig – beschäftigen.
- Von dem, was dir WESENtlich ist im Leben und für deine Zukunft. Von deinen Bedürfnissen und WERTEn.
- Wovon du träumst und was du dir wünscht.
- Von deinen Vorhaben, Pläne und Ideen.
- Von allem, dass du geleistet, das du geschafft, ausprobiert oder durchgezogen hast. Alles, das du für dich feierst! Worüber du dich freust. Worauf du selbst stolz bist. Was du schätzt und wofür du dankbar bist.
Wenn es Heikel wird
Setzt du dich damit kritischen Fragen oder Zweifeln aus? Möglicherweise! Wirken sie? Möglicherweise.
Vorzugsweise dann, wenn es ein sensibles Thema ist und du dir SELBST noch nicht SICHER bist. Jegliche Form von wohlwollendem, konstruktivem Input ist von Vorteil. Basis für Weiterentwicklung ist nämlich nicht nur das System „Versuch und Irrtum“! Vielmehr können bedachte Einwände, sinnvolle Argumente und feinfühlige Ideen vom Gegenüber für deine Sache nährend und wichtig sein. Es geht was weiter, es bewegt sich etwas.
Zu dir oder zu mir?
Was, wenn du deine vertrauensvolle nächste Umgebung zu dir einlädst? In deine kleine, feine, WERTvolle Welt. Dein Innenleben zeigst. Vielleicht entpuppt sich ein Gedankensplitter deines Gastes zum fehlenden Puzzlestein im eigenen Konzept?
Weil du es dir SELBST WERT bist!
Anstatt viel Zeit mit sich wiederholenden, wertlosen Oberflächlichkeiten zu verschwenden, nimmst du dir lieber Zeit für weniger häufige, dafür bewusste und WERTvolle Gespräche. Denn deine Zeit läuft!
💛 Wie geht es dir damit, wenn über andere gesprochen, geklagt, gejammert wird?
💛 Wie leicht oder schwer fällt es dir, von dir zu sprechen?
💛 Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?
Wenn du magst, kannst du mir schreiben. Ich freue mich, von dir in den Kommentaren zu lesen!
Herzlichst
Irmgard

Stefan und Irmgard Wallner
Irmgard und Stefan Wallner
Bewusstes Umgehen mit unserer (Lebens-)Zeit ist uns sehr wichtig! Von humorvollem Plaudern und blödsinnigem Schäkern über lustvolles, inspirierendes Austauschen, ergebnisoffenes, bedürfnisorientiertes Beraten zu tiefgreifendem Ergründen, Erspüren und Sinnieren. Wir lieben WERTvolle Gespräche!