„Was auch immer ist. Du kannst davon ausgehen, dass ich immer nur die besten Absichten habe, wenn es um dich geht. Dass ich immer dein Bestes im Sinn habe. Daran kannst du dich immer erinnern.“

Sie war angestrengt. Es war ihr zu viel. Die letzte Zeit schon. Diese Woche. Der heutige Tag. Sie dampfte innerlich noch nach. Das Ping-Pong-Gespräch mit diesem Nachbarn auf dem Heimweg klang noch in ihr nach und hatte gerade den Punkt erreicht, an dem ihre Aufwühlung, ihr Ärger einem Grinsen wich. Letztendlich war sie zufrieden mit sich und hätte gerne noch ein bisschen länger in diesem Gefühl gebadet, als Ausgleich für die eben erlebte Aufregung. Dass Ihr eigener Mann die Situation anders sehen könnte, war ihr nicht einmal ansatzweise in den Sinn gekommen. Schon wurde sie genau davon getroffen. Was sollte denn das jetzt? Hatte er denn nicht verstanden, worum es ging? Worum es gegangen war? Im Hundertstelsekundenbereich schnellte der gerade gewichene Druck wieder nach oben. Breitetet sich aus. Die ursprüngliche Situation war vorbei, konnte sie jetzt, wo sie davon erzählt hatte, statt mit diesem Jungspund mit ihm diskutieren? Reichte nicht das, was war? Musste sie sich jetzt auch noch ihm gegenüber rechtfertigen oder verteidigen? Nein. Besser sein lassen. Besser Friede im Haus. Stichelndes Aufflammen von scheinbar sachlichen Gründen für oder gegen. Bewusstes Stoppen. Brodelndes Feuer. Explosionsgefahr!

Mögliche Anlassfälle gibt es Unzählige. Schon staut es sich im Kopf, nichts Gutes, die Sache selbst, dazu mangelndes Mitgefühl, „Kannst du nicht einmal …?“, „Wieso hast du schon wieder …?“, Kritik und wohl auch Missverständnisse. Unser „lieber“ Partner, hat schon wieder, macht noch immer nicht, hört nicht zu, unterbricht mich ständig, weiß alles besser, hat kein Verständnis, meckert ständig, nichts passt! Jeder Gedanke heizt den Hochofen explosiver Gefühlsmischungen an, eine hitzige Glut, die die zarte Stimme überdeckt. Ich bin einsam. Enttäuscht. Traurig. Siehst du mich nicht?

Wut unterdrücken, sich krampfhaft bemühen. Unausgesprochen rumort es weiter, ein gestöhntes „ah“, ein spitzes „Aha.“ Augenrollen. Demonstratives Erledigen von Haushaltsarbeiten. Konzentriertes Verschanzen hinter Zeitschriften, Handy oder PC. Augen schließen und schlafen. Verschlüsselte Botschaften dessen, worum es eigentlich geht. Das muss sie/er doch verstehen und erkennen, warum das so ist und was ich mir erwarte!

Der Blick wird scharf gestellt. Dabei die störende rosarote Brille genervt abgenommen, achtlos zur Seite geschoben und gegen den messerscharfen Feldstecher getauscht. Großgezoomt ist alles klar zu sehen! Was macht er/sie denn da schon wieder? Wahrscheinlich eh absichtlich …

Mauern im Kopf. Jedes genauestens analysierte Bild aus dem Spektrum nicht passender Aktionen wandelt sich zum Ziegelstein, die immer klarer werdenden Urteile zum Mörtel. Die eigene Sicht wird stabil und unverrückbar einzementiert.

Wir kennen uns selbst, stehen zu uns, wissen warum wir etwas so und nicht anders haben wollen. Das hat einen Grund. Warum wir auf Bestimmtes so und nicht anders reagieren. Das hat einen Grund. Warum wir so und nicht anders sind. Das hat viele Gründe. Wobei der Grund selbst mehr so ein Gefühl ist. Der Grund hat Geschichte. Hat sich bewährt. Das Konträre im Tun und Handeln des Partners blitzt damit unweigerlich auf. Sticht hervor. Da schauen wir hin und legen damit auch gleich unweigerlich hohen Wert auf diese Bereiche des gemeinsamen Lebens.

All das Gute, das Positive, das Schöne, das Passende, all das, wo man als Paar konform geht, ist in diesen Momenten zur Selbstverständlichkeit, zur Normalität verkommen und damit automatisch Schritt für Schritt aus dem Sucher gerückt. Wie die Sensationspresse konzentrieren sich unsere Headlines auf das nicht Passende, auf das unweigerlich Störende, auf die negativen Ereignisse.

Das Feld ist also bestellt. Wohl von beiden Seiten, nur in unterschiedlichen Bereichen. Wenn der andere Partner sich fragt: „Was passt denn jetzt schon wieder nicht? Diese Meckerei, da muss er/sie wieder Recht haben … (siehe Eingangstext von oben)“ Jeder ist gefestigt in der eigenen Meinung, hat sein eigenes Urteil gefällt, nur bei explosiven Themen in der genau gegenteiligen Form. Leider. Wo man sonst die Köpfe zusammenstecken und einträchtig nicken würde, ist jeder Gedanke ein brennstarker Scheit Holz.

Der Moment für den verbalen Schlagabtausch ist dann punktgenau getroffen. Auf dem Pulverfass sitzend wird das Feuer entzündet, die äußeren Umstände sind schon für sich alleine angespannt, andere Vorfälle im Alltag haben für eine Grunderregung gesorgt und nun im Zustand eines Mixes zwischen Anspannung und Erschöpfung wird die Bombe gezündet. Es kracht.

Das sachliche Thema rückt schnell in den Hintergrund, es geht um Recht haben, um bedingungsloses Anerkennen der eigenen Position, um Zugeständnis, um Eingestehen von Fehlern oder falschem Verhalten. Nur das könnte uns zügeln und beruhigen. Doch das passiert nicht. Im krassen Gegenteil wird eine massive, schier unüberwindbare Verteidigungsmauer in atemberaubender Sekundenschnelle aufgezogen. Die hält, koste es was, es wolle. Da geht es schnell einmal um das Eingemachte. Da wird jetzt Klartext geredet, vielleicht auch mit dem nötigen Forte in der Tonlage gesprochen.

„Ach ja, und wenn wir schon dabei sind, …“, ist die Büchse der Pandora nun geöffnet. Das Arsenal von einigen anderen schlummernden Themen wird gleich maschinengewehrartig mit angebracht. Der Gegner, Pardon, der eigentlich mir nächste, mir wichtigste Mensch, mein Partner, spart auch nicht mit Munition und hält hart dagegen.

Ist alles fürs Erste einmal verschossen, kehrt Stille ein. Keine Ruhe, nur ein Verstummen und Orientieren im Pulvernebel der gerade ausgetragenen Konfrontation.

Ja, wir haben uns so richtig in die Sache hineingelegt, bloß leider ohne klare Absicht oder Ziel. Was ist passiert? Es ging nur um mich selbst, ich konnte mich endlich dabei hören, wie ich das ausgesprochen habe, was so lange in meinem Kopf stumm herumgegeistert ist. Mein Partner war sozusagen zum Rapport bestellt, um durch sein Zuhören das abzuholen, was ich zu präsentieren hatte. Sein/Ihr Stellung beziehen, vielleicht sogar Unterbrechen, war völlig unangebracht.

Haben wir uns beide vielleicht einfach nur am falschen Fuß erwischt? Weil wir uns an unterschiedlicher Stelle befunden haben? War nicht Recht oder Unrecht das Thema, sondern einfach schlicht und ergreifend der andere und daher „falsche“ Blickwinkel?

Quelle: www.NuoViso.TV

In einer wohltuenden, angenehmen Partnerschaft kann jeder davon ausgehen, dass nichts zu Fleiß zum Schaden oder zum Ärger des anderen absichtlich gemacht wird. Das ist IMMER das wichtigste Bild, dass man im Kopf haben sollte. An das man sich erinnern kann.

Da ist etwas, dass mich massiv stört und scheinbar hat mein Partner da, warum auch immer, seine Augen verbunden. Er sieht es (noch) nicht oder extremer, er sieht es schlichtweg andersrum. Weil er mir einen Hund antun will? Wohl kaum. Harmonie ist ein partnerschaftliches Bedürfnis, auch der pflegliche, achtsame Umgang mit unserer Beziehung und das eigene Handeln orientiert sich damit auch daran.
Was bewegt ihn/sie also zu dieser gelinde gesagt seltsamen Haltung in Fragen, die für uns doch völlig klar, nämlich umgekehrt sind? Kann ich zumindest das Interesse aufbringen, um mir seine/ihre Sicht einfach mal anzuhören? Vergebe ich mir damit etwas? Wie wichtig ist dieser Zustand im Verhältnis zu unserer Beziehung an und für sich? Ein Feld zum Probieren und Ausloten tut sich auf, wenn ich es möchte.

Diese Sehnsucht nach sich mit-teilen. Teilen von Freud, von Leid, von allem, was beschäftigt und bewegt. Wenn die Angst, nicht durchzukommen, nicht anzukommen, dem Vertrauen weicht, gehört, wahrgenommen und verstanden zu werden, dann wandeln sich geballte Vor-würfe wieder in das, was sie ursprünglich waren: Gute Gründe. Herzeigbare Absichten. Kostbare Bedürfnisse. Alles zutiefst verständlich.

Diese Sehnsucht nach wieder in Kontakt kommen und in Verbindung sein. Kann oder will mir mein Partner gerade nicht zuschauen und mich begleiten, wenn ich außer mir bin und ich mich erst selbst wieder finden möchte, dann brauche ich erst einmal das zur Ruhe kommen für mich selbst! Ohne neuerliche Auslöser. Einfach Ruhe. Nicht brummeln, grummeln, beleidigt spielen, sondern zu mir kommen. Klarheit für mich selbst finden! In der Stille, in der Bewegung, in mir selbst lauschenden Selbstgesprächen. Wie es gerade stimmig ist für mich. Die Welt schaut dann schon wieder meist ganz anders aus! Dann kann ich auch anderes, andersartiges und Neues sehen. Stehen lassen. Sein lassen.

Der Zeitpunkt ist entscheidend, wenn es mir um ein klares Ziel geht. Wenn ich in Ruhe und Entspannung etwas, speziell Konträres, gemeinsam mit meinem Partner teilen will:

  • Ich spreche von mir, überlegt und vorbereitet, nicht aus einem Emotionsnebel heraus.
  • Im Austausch will ich auch hören, was er/sie dazu zu sagen hat. Ich nehme mir die Zeit, lasse es stehen, was ich höre. Sage, was ich verstanden habe. Damit ich sicher richtig verstanden habe und auch mein Partner sich verstanden fühlt.

Nicht mehr, nicht weniger. Alles wurde ausgesprochen, wir stehen nicht mehr im Nebel, sondern haben uns einfach gehört. Gesehen. Wahrgenommen.

Ist das jetzt besser? Teilweise. Wir haben nicht unseren Druck raus- und beim anderen abgelassen. Wir haben die andere Position gehört. Den Standpunkt verstehen können. Was ändert sich durch das Aussprechen? Vielleicht nichts sofort, nichts vielleicht später. Macht das letztendlich nicht noch ärgerlicher? Jetzt wo er/sie es weiß, könnte er/sie ja vom hohen Ross heruntersteigen und mir folgen. Ein Nein und ein Ja drängen sich auf.

Es fällt etwas weg: Das Kämpfen, das Beleidigen, das Angreifen und Attackieren an den empfindlichsten Stellen. Fällt weg.
Es kann etwas bleiben: Wertschätzung. Wertschätzung des geliebten Partners, Wertschätzung der kostbaren Beziehung, die Möglichkeit des Austausches auch für sensible, problematische Themen wurde zumindest geöffnet. Vielleicht erstmal nur einen Spaltbreit, so viel, dass nun eine kleine neue Figur im Porzellanschrank steht. Dafür wurden nicht ganze Bereiche des bestehenden Bestands zerschlagen. Wurden nicht unwiederbringlich ruiniert oder zumindest sehr schwer zu kitten kaputt gemacht.

Geht dabei um unterschiedliche Meinungen, zu denen es keiner gemeinsamen Entscheidung bedarf, entsteht ein neues Bild, nämlich die Akzeptanz, dass eine Bitte, die Darlegung der eigenen Position, immer mit einem Ja oder einem Nein des Partners stehen bleiben kann. Es gibt unterschiedliche Weltbilder und Prioritäten so viel ist gewiss. Sie sind Teil der Persönlichkeit.

Egal also welche Lösung es für ein konträres Thema gibt, es ist in einer wertschätzenden Partnerschaft niemals die Schlacht, die offene rücksichtslose Konfrontation. Gibt es gemeinsamen Entscheidungsbedarf, hilft ein achtsames, strukturiertes Vorgehen, das die Bedürfnisse beider berücksichtigt. Haben wir unsere persönliche Bedürfnispyramide im Auge, fällt es leichter, danach zu entscheiden, was wir wann wie dringend brauchen.
Wir wollen uns zeigen können, mit einer nachvollziehbaren, facettenreichen Sprache unseren Partner in unsere Welt einladen. Je deutlicher wir unser Inneres nach außen tragen können, desto höher wird auch die Wahrscheinlichkeit für wirkliches Verständnis sein. Den wertschätzenden Austausch pflegen und im Blick auf die persönlichen Bedürfnisse entscheiden, wo wir Entgegenkommen BRAUCHEN und wo es reicht sich NUR zeigen zu können.
Kleine Schritte in die gemeinsame Richtung sind auch ein WERT.

Oft ist es schwer, selbst genau sagen, zu können, welche Geste, welche Worte, was in explosiver Stimmung hilft! Was brauchst du in solchen Situationen? Sich selbst darüber klar zu werden und das dem Partner in einer ruhigen Minute mitzuteilen, sich Zeichen auszumachen, in Ruhe darüber auszutauschen, unterstützt beide, wenn es gebraucht wird!