Kannst du am Gipfel stehen bleiben oder muss es immer noch ein bisschen mehr sein?

Besteigst du einen Berg, weißt du, wann du den höchsten Punkt erreicht hast. Doch wie ist das mit deinen Zielen in deinem Leben? Wie weißt du, dass du oben angekommen bist? Hast du alles erreicht, was du wolltest? Jede Form der Unklarheit vernebelt dir die Sicht auf diese metaphorische Bergspitze. „Was tu ich da eigentlich?“, kommen dir zarte Zweifel, steigen wie feuchte Nebelschwaden mit dir in luftige Höhen. Melden sich zwischen erledigen, checken, tun. Doch so geil: wieder ein Problem gelöst, ja, du kannst es! Lorbeeren geerntet. Ja, wenn sie dich nicht hätten, feierst du im kurzfristigen Höhenrausch. Während der Abgleich mit dem Außen dir die weitere Richtung vorgibt. Lob und Anerkennung, als Erfolgsignale deinen Weg markieren.

Viele fordernde Ziele im Sport, aber auch im Berufsleben, sind eine wunderbare und spannende Herausforderung. Solange es aufwärtsgeht. Es können, es schaffen. Wirklich werden, wirksam sein, ist die Absicht. Was ist, wenn du es tatsächlich geschafft hast? Wenn du Olympiasieger:in, Vorstandsvorsitzende:r, Bundeskanzler:in oder erfolgreiche/r Firmeneigentümer:in bist.

So ein „Achttausender“ ist nicht deines? Es gibt genug andere Ziele. Für alle Menschen. Je nach ihren Möglichkeiten und Gegebenheiten persönlich schaffbare Gipfel. Wir alle sind auf Lebensreise, in der einen oder anderen Form. Wir wandern bergauf und bergab, manche verharren, wo sie sind.

Gelingt dir alles gut, hast du deinen persönlichen Gipfel gefunden. Die Führung erklommen, dein Buch veröffentlicht, dein Haus gebaut. Wie fühlt es sich an? Dieser Moment. Hast du ihn registriert? Entsprechend gewürdigt? Bewusst gefeiert? Stolz und Freude genossen? Hast du innegehalten, nur geatmet und die Aussicht genossen?
Oder hast du deinen Gipfel im Vorbeigehen mitgenommen und bist schon weitergeeilt? Weitergestrebt? Weil da noch was geht.

Je höher der gewählte Berg ist, desto rauer wird die Witterung auf der Spitze. Es zieht eisig kalt und der Wind bläst kräftig. Kein Ort, der zum Verweilen einlädt. Was tun? Geht es doch von hier aus augenscheinlich nur bergab. Ausschau halten nach einem nächsten Gipfel, der natürlich höher sein muss. Zuvor absteigen, was mühsam ist; erschöpft von den bisherigen Anstrengungen verblasst die Erinnerung an das spezielle Gefühl in der lichten Höhe nur allzu schnell.

War das alles? War’s das schon? Die Zunge reibt fragend am Gaumen, schiebt sich zu den Schneidezähnen vor und wieder zurück, versucht zu schmecken. Speichel fließt, sucht den Geschmack zu greifen, auszukosten. Ganz genüsslich. Doch irgendwie schmeckt es schal. Ist da nichts. Leere.

Höher, schneller, weiter. Wer treibt dich an? Vorbilder erfolgreicher Menschen? Eingeprägte Vorstellungen, wie Erfolg aussieht? Wenn es – endlich – auch die anderen erkennen? Die Anerkennung folgt?

Warum verweilen wir nicht länger im Olymp unserer Wünsche und Ziele oder bleiben überhaupt? Muss es immer ein bisschen mehr sein?
Ehrgeizig und diszipliniert hast du deine berufliche Position erreicht, dein Haus gebaut, dein Auto in der Einfahrt geparkt. Wenn deine Familie deine täglichen Mühen wahrnehmen und dankbar würdigen würde! Zum Ausgleich trainierst du deinen Körper. Den Marathon nimmst du auch noch mit!
Bist du nun zufrieden? Fühlst dich angekommen? Oder strebst du weiter? Willst noch mehr? Weil du einfach einmal satt sein möchtest! Nicht nur für den Augenblick. Du willst richtig satt und zufrieden sein. Wie sich das wohl anfühlt?

Die ENTSCHEIDUNG

Alles auf einmal bekommst du nicht. Du kannst nicht voll ausgerüstet am Gipfel stehen und gleichzeitig auf saftigen Almen wandern, durch feuchte, füllige Wälder streichen oder durch glitzernde Schneefelder stapfen. Mit jeder Entscheidung für ein Ziel entscheidest du dich gegen eine Vielzahl anderer möglicher Ziele.

Vielleicht drängt sich irgendwann die Frage auf, was du nicht nur alles leisten, sondern wo du landen möchtest? Ankommen.
Das sind keine Orte, die du im Außen findest. Kein anderer, der dir da die Richtung vorgibt oder den Weg zeigen kann! Das findest du nur in deinem eigenen Inneren. Dort wo du genau weißt oder zumindest einmal ergründen kannst, was gut für dich ist.

Womöglich kommst du zum Schluss, dass dich nur diese adrenalingetriebene Abhängigkeit auf Spur hält. Dass dich diese Droge nicht glücklich macht, sondern nur unsagbar anstrengt. Dass dir ausgedehnte Weiten mit sanften Erhebungen als Lebensort viel besser tun würden.

Was tut dir persönlich gut, bleibt die entscheidende Frage.
Nicht Erstarren an einem Punkt, sondern in deinem eigenen Tempo deinen Rhythmus finden. Ohne Druck von außen, innerlich entspannt und wach Tag für Tag genießen. Jeden Moment, die vielen Augenblicke, in denen es dir innerlich gut geht, wahrnehmen, ERKENNEN, würdigen und schätzen. Ankommen.
Ohne umgehend woanders hinzuschielen. Bei dir bleiben und dich aus deiner eigenen Stärke heraus persönlich zu entwickeln gibt Kraft und Ausdauer.

Der Weg zum Ankommen

Die Lebensreise schreitet mit der Zeit voran. „Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, …“, dichtete Hermann Hesse. So führt dich das Leben von einem Abschnitt zum Folgenden, hat jeder unterschiedliche Voraussetzungen und neue Möglichkeiten. Ankommen bedeutet, dich voll und ganz einlassen auf den neuen Raum, dich hingeben und überraschen lassen. Das gelingt, wenn du Altes frei lässt. Dankbar nimmst du schöne Erinnerungen mit, wirfst sie gelegentlich wie Dias gedanklich auf deine imaginäre Leinwand, schwelgst in den damit verbundenen Gefühlen. Und lässt sie wieder los. Nicht mehr.

Und dann? Wie gehst du vor?
Wenn du deinen neuen Raum erkundest, findest du natürlicherweise auch hier Grenzen. In der äußeren Welt. Durch deine Umgebung. Auch deine Gesundheit gibt dir einen gewissen Rahmen vor. Nach sorgsamer Prüfung ist das nicht Veränderbare für dich ersichtlich. Es ist, wie es ist. Nicht das krampfhafte Verbiegen des Rahmes sollte dann dein Wunsch sein, sondern das Malen deines eigenen Gemäldes, das in ihm, nur durch dich gestaltet, entsteht.

Erfolg ist nicht nur, was man tut, während man auf den Erfolg wartet, wie Edison es ausdrückte. Erfolg ist, was folgt. Daher ist Erfolg auch, wie und womit man es tut. Was du mit Liebe tust, wird Liebe im Ergebnis haben. Was du mit Wertschätzung tust, wird schlussendlich viele Schätze bergen. Dein Ziel fühlt sich letzten Endes an, wie dein Weg dorthin. Warum sollte auch etwas anderes das Ergebnis sein?
Bist du dir und deiner inneren Werte bewusst und hast du einen inneren Frieden mit dir gefunden, so wirst du grundsätzlich im Einklang mit dir und deinen Werten handeln. Dann beschäftigst du dich mit dem, das dich interessiert, das dich begeistert. Ganz egal, wie andere das finden! Begegnen dir unterwegs anstrengende Passagen und Schwierigkeiten, meisterst du sie mit der dir innewohnenden Kraft. Mit deiner inneren Stärke. Du schöpfst aus deinen vollen Werten. Und erfährst täglich, wie sich dein künftig Erreichtes anfühlt: satt und zufrieden.

Ob du ein Bergfex bist und dein Motiv steile Bergwelten zeigt mit harschen Gipfelstürmen und dir lieben Kämpfen im erbitterten Wettbewerb. Ob das Thema deines Bildes von behaglichen großen Runden mit dir lieben Menschen rund ums Lagerfeuer erzählt, oder ob von kreativem Schaffen unter strahlender Sonne am rauschenden Meer. Das von dir geschaffene Motiv erstrahlt in deiner ganz persönlichen Stilrichtung und hat nun Bestand aufgrund von eigener Ruhe und Ausgeglichenheit.
Du entscheidest!

💛 Was waren deine persönlichen Gipfel?
💛 Welche Momente hättest du lieber mehr genossen? Ihnen mehr Raum gegeben?
💛 An welchem Motiv malst du gerade?
💛 Wie fühlt sich das an?

 

Stefan und Irmgard Wallner – Foto von Danila Amodeo

 

Wir haben unsere Gipfel erreicht und sind nun ankommen. Es fühlt sich wunderbar an.